Stadtumbau in Altstadtkernen - Fazit

1. Übersicht

In den neuen Bundesländern befinden sichzahlreiche wertvolle Altstadtkerne. Die dort befindlichen Wohnungsbestände lassen sich nicht über einen Kamm scheren. Typisch für diese Bestände ist vielmehr eine große Vielfalt an Bauepochen, Haustypen und städtebaulichen Strukturen. Es gibt dicht bebaute mittelalterliche Stadtgrundrisse, großzügigere Stadtstrukturen aus dem 18. Und 19. Jahrhundert. Aus diesen Realitäten ergibt sich die Notwendigkeit, die Altstadtkerne sehr differenziert zu betrachten. Nötig ist eine Analyse der jeweiligen Wohnqualitäten, der bauhistorischen Bedeutung und des Denkmalwertes der einzelnen Altstadtkerne.

2. Die Vor- und Nachteile der Altstadtkerne

2.1. Die Vorteile

Der Altstadtkerne besitzen sowohl Vorteile als auch Nachteile. Der wohl wichtigste Vorteil betrifft die Bausubstanz. In fast allen Altstadtkernen ist eine baukulturell wertvolle, geschichtsträchtige Bausubstanz zu finden. Ebenso vorteilhaft ist die große Vielfalt der Gebäudetypen. In vielen Altstadtkernen befinden sich sowohl größere gründerzeitliche Mehrfamilienhäuser als auch kleinere vorgründerzeitliche Gebäude, die als Einfamilienhäuser genutzt werden können.

Der zweite Vorteil vieler Altstadtkerne ist ihre zentrale Lage. Zudem bieten sie häufig eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Vor allem die Altstadtkerne in Großstädten werden häufig durch ein dichtes Netz an Straßenbahnlinien erschlossen.

2.2. Die Nachteile

Diesen Vorteilen stehen jedoch auch zahlreiche Nachteile gegenüber. Der erste Nachteil betrifft die Bausubstanz. Ein Teil der Gebäude in Altstadtkernen ist noch unsaniert und verfügt nur über unkomfortable Wohnungen ohne Innen-WC oder Bad und ohne Balkon. Eine Sanierung dieser Gebäude ist zwar möglich. Doch die Kosten für entsprechende Sanierungsmaßnahmen betragen oft 1000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche und mehr. Eine Refinanzierung dieser Kosten durch die Mieten ist häufig nicht möglich, da die Nettokaltmieten in Altstadtkernen oft nur zwischen 3 und 5 Euro pro Quadratmeter betragen. Dieses Manko wurde bis Ende 1998 durch die Sonderabschreibung für Investitionen in den neuen Bundesländern ausgeglichen. Dank dieser und weiterer Abschreibungsmöglichkeiten konnten Bauherren, die einen Altbau sanierten, bis zu 90 Prozent der Sanierungskosten von der Steuer absetzen. Die Folge dieser Regelung war ein Sanierungsboom auch in vielen Altstadtkernen in den neuen Ländern. Diese Entwicklung endete Ende 1998, nach dem Auslaufen der Sonderabschreibung, abrupt. Nunmehr kamen die Sanierungsarbeiten fast schlagartig zum Erliegen, mit der Folge, dass auch heute noch in Altstadtkernen zahlreiche unsanierte Gebäude zu finden sind.

Aber auch sanierte Gebäude erfordern hohe Instandhaltungs- und Bewirtschaftungskosten, die durch die niedrigen Mieten kaum zu refinanzieren sind. Verschärft wird das Problem durch die Unwägbarkeiten der historischen Bausubstanz. Beispielsweise treten auch in sanierten Altbauten regelmäßig Probleme mit Hausschwammbefall auf, die häufig erneute aufwendige Sanierungsarbeiten nötig machen.

Zudem sind viele Altbauten auch in energetischer Hinsicht ungünstig. Viele Altbauten verfügen nur über eine miserable Wärmedämmung, die nicht selten zu einem überdurchschnittlichen Energieverbrauch führt. Dieser Energieverbrauch kann auch durch Sanierungsarbeiten nur eingeschränkt verbessert werden. Denn einerseits stehen viele Altbauten unter Denkmalschutz. Der Anbau einer energiesparenden Wärmedämmfassade ist deshalb nicht möglich. Andererseits hängt der hohe Energieverbrauch auch mit den großen Raumhöhen in vielen gründerzeitlichen Altstadthäusern zusammen, die ebenfalls kaum verringert werden können. Folgerichtig bieten auch sanierte Altbauten einen Energieverbrauch von über 100 Kilowattstunden pro Quadratmeter pro Jahr.

Der zweite Nachteil der Altstadtkerne hängt mit ihrer städtebaulichen Struktur zusammen. Viele dieser Quartiere sind durch eine sehr dichte Bebauung und enge, verwinkelte Straßen geprägt. Diese Strukturen sind für Touristen zwar häufig attraktiv, für die Bewohner dagegen stellen sie einen Nachteil dar. Die Folgen reichen von einem Mangel an Grünflächen, Spielplätzen und Parkplätzen bis hin zu einer schlechten Belichtung und Belüftung vieler Wohnungen.

Zudem sind viele Altstadtkerne durch eine ungünstige Führung des Autoverkehrs geprägt. Zwar ist es in etlichen Altstadtkernen gelungen, den Durchgangsverkehr um die Altstädte herumzuführen. Andere Altstadtkerne werden dagegen von lauten Hauptstraßen durchzogen, deren Lärm durch keinerlei Abstandsflächen gemildert wird. Die Häuser, die an diesen Straßen stehen, sind einer starken Lärm- und Schadstoffbelastung ausgesetzt. Dieses Problem wird durch die Wohnungsgrundrisse nochmals verschärft. Denn in vielen Wohnungen befinden sich die wichtigen Wohnräume an der lauten Straßenseite, während die Nebenräume, wie Küchen, Bäder oder Treppenhäuser zur ruhigeren Hofseite hin orientiert sind.

Der dritte Nachteil betrifft die Nutzungsstruktur vieler Altstadtkerne. In vielen Altstadtkernen sind die Handelsflächen vor allem in Form von kleinen Läden ausgeführt. Diese Läden entsprechen heute oftmals nicht mehr den Ansprüchen großer Handelsketten und stehen deshalb häufig leer. Verschärft wird die Krise des altstädtischen Handels durch aktuelle Veränderungen des Einkaufverhaltens. Der Einkauf von Lebensmitteln verlagert sich zunehmend in große Supermärkte, die häufig außerhalb der Altstadtkerne, oft sogar am Stadtrand angesiedelt sind. Ein zweiter Trend ist die Zunahme des Erlebniseinkaufs. Das Bedürfnis nach Einkauferlebnissen führt zu einer Stärkung der großstädtischen Stadtzentren, in denen eine große Dichte an Läden, Warenhäusern, Cafe´s und anderer Attraktionen vorhanden ist. Die Altstadtkerne gerade der mittleren und kleineren Städte können mit der Attraktivität großstädtischer Stadtzentren dagegen nicht konkurrieren und leiden deshalb unter einem zunehmenden Mangel an Kunden. Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten hat diese Entwicklungen noch zusätzlich beschleunigt. Exemplarisch besichtigt werden kann dieser Wandel des Einkaufsverhaltens in der Region Leipzig. Hier konnte die Leipziger Innenstadt dank ihrer großen Dichte an Einkaufsmöglichkeiten und anderen Attraktionen zahlreiche neue Kunden gewinnen. Die Altstadtkerne der Klein- und Mittelstädte rings um Leipzig, wie Weißenfels, Zeitz, Altenburg, Wurzen mussten dagegen einen Verlust an Kunden hinnehmen. Die Folgen sind ein verwahrlostes Straßenbild, das die Attraktivität der Quartiere verringert, und ein Mangel an Einkaufsmöglichkeiten.

Probleme gibt es aber auch dann, wenn die Läden als Geschäfte oder Lokale genutzt werden. Denn in diesem Fall gibt es oft Nutzungskonflikte zwischen den Gewerbenutzungen und den benachbarten Wohnungen. Vor allem der Anlieferverkehr und der Kundenverkehr der Geschäfte kollidiert oft mit dem Ruhebedürfnis der Wohnungsmieter. Weitere Probleme verursachen Lokale und Biergärten, die ebenfalls von vielen Mietern als störend empfunden werden. Zudem sind einige Altstadtkerne durch Gewerbenutzungen im Hofbereich von Wohnhäusern geprägt. Nicht selten befinden sich Wohnhäuser in unmittelbarer Nähe von geräuschvollen Gewerbebetrieben, wie Tischlereien oder KFZ-Werkstätten. Auch diese Nähe sorgt häufig für Konflikte.

Der vierte Nachteil schließlich betrifft die Eigentümerstruktur der Altstadtkerne. Viele dieser Stadtteile sind in unzählige Parzellen unterteilt, die den unterschiedlichsten Privateigentümern gehören. Schon diese Lage macht einen planmäßigen Stadtumbau schwierig. Noch komplizierter wird diese Lage durch die Tatsache, dass viele Grundstücke Eigentümern gehören, die nicht ortsansässig sind. Viele Häuser befinden sich im Besitz von zerstrittenen Eigentümergemeinschaften, deren Mitglieder über die ganze Welt verstreut sind, von Selbständigen aus den alten Bundesländern, die vor allem an den Steuervergünstigungen interessiert waren, oder auch von Banken, die die Häuser von insolventen Eigentümern übernommen haben. Diese Eigentümer verfolgen oft unterschiedliche Interessen und Bewirtschaftungsstrategien. Einige Eigentümer versuchen, ihre Häuser Gewinn bringend zu vermieten. Andere Eigentümer dagegen haben die Bewirtschaftung ihrer Häuser längst eingestellt und warten die Entwicklung weitgehend tatenlos ab. Die Mieter dieser Häuser stellen fest, dass die Hausreinigung nicht mehr funktioniert, dass Schäden an Gebäuden nicht mehr repariert werden, dass im Fall von Havarien kein Ansprechpartner zur Verfügung steht. Derartige Eigentumsverhältnisse haben sehr negative Folgen für den Stadtteil. Viele der betroffenen Mieter reagieren auf die fehlende Instandhaltung mit dem Auszug. Die Folge ist, dass selbst sanierte Häuser komplett leer gezogen werden. Zudem bescheren die vernachlässigten Häuser auch den Stadtverwaltungen Probleme, die ja für die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zuständig sind. Denn viele dieser Häuser entwickeln sich zu einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Die Gefährdungen reichen vom Absturz von Dachziegeln über das Herabfallen von Fassadenteilen bis hin zum Einsturz ganzer Gebäudeteile. Häufig hat die Stadtverwaltung kaum Möglichkeiten, die Eigentümer zur Sicherung ihrer Gebäude zu zwingen. Deshalb sind die Städte oft gezwungen, Sicherungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchzuführen. Die Folge sind erhebliche öffentliche Aufwendungen für die Sicherung einsturzgefährdeter Gebäude. Diese komplizierten Eigentumsverhältnisse machen einen planmäßigen Stadtumbau oft extrem schwierig.

Die konkreten Auswirkungen der Vor- und Nachteile der Altstadtkerne hängen sehr stark von der sozialökonomischen Struktur der jeweiligen Städte ab. Die Altstadtkerne sind in der Regel dort gut belegt, wo altstadtaffine Bevölkerungsschichten vorhanden sind, die die spezifischen Qualitäten der Altstädte schätzen und die dafür auch Einschränkungen hinzunehmen bereit sind. Der Zuzug derartiger Schichten ist allerdings abhängig vom Angebot an attraktiven, qualifizierten Arbeitsplätzen und Bildungsangeboten. Deshalb sind die Altstadtkerne in Universitätsstädten meist besser belegt als die Altstädte in kleineren Städten ohne entsprechende Arbeitsplatzangebote. In diesen Städten sind die Altstadtkerne durch hohe Leerstände, baulichen Verfall und Abrisse geprägt.

3. Stadtumbaustrategien

3.1. Bauliche Aufwertung

3.1.1. Sanierungen durch Privateigentümer

Was wurde getan, um Altstadtkerne zu stärken? In der Praxis haben die Städte eine Reihe von Maßnahmen realisiert. Ein wichtiger Maßnahmekomplex war die bauliche Aufwertung. Bei dieser handelte es sich vor allem um die Sanierung verfallener und sanierungsbedürftiger Gebäude.

Eine Maßnahme ist die Sanierung der Altbauten durch Privateigentümer. Da in vielen Altstadtkernen ein Großteil der Gebäude dem Privateigentümer gehört, sind viele Städte bemüht, diese zur Sanierung ihrer Gebäude zu bewegen. Häufig wird versucht, diese Sanierungen durch Fördergelder weiter zu fördern. Zu ihnen zählen nicht nur Städtebaufördermittel, sondern auch Steuersparmöglichkeiten, wie die Sanierungs- und die Denkmalabschreibung.

Dennoch fällt die Bilanz der Gebäudesanierung durch Privateigentümer eher bescheiden aus. Zwar gab es auch Enthusiasten, die Baudenkmäler mit viel Einfühlungsvermögen saniert haben. Weit stärker verbreitet war allerdings eine geringe Investitionsbereitschaft privater Gebäudeeigentümer. Diese geringe Investitionsbereitschaft hat mehrere Gründe.

Ein Grund ist die Unwirtschaftlichkeit vieler Sanierungsmaßnahmen. Die Sanierung von Altbauten ist oft sehr teuer. Die Altbausanierung kostet durchschnittlich 1000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche, in Extremfällen müssen allerdings auch bis zu 4000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche kalkuliert werden. Gleichzeitig sind die erzielbaren Mieten in vielen ostdeutschen Altstädten aufgrund des großen Wohnungsleerstandes und der geringen Durchschnittseinkommen sehr niedrig. In vielen Altstädten können sanierte Altbauwohnungen lediglich für Nettokaltmieten von 4 bis 5 Euro pro Quadratmeter vermietet werden. Auf Grund dieses Missverhältnisses können die Kosten für eine Altbausanierung nicht refinanziert werden. Auch der Einsatz von Fördermitteln kann an der Unwirtschaftlichkeit von Altbausanierungen nichts ändern. Bis Ende 1998 konnten diese Probleme durch die großzügigen Sonderabschreibungen für die neuen Bundesländer kompensiert werden. Doch anschließend folgte ein starker Rückgang der Altbausanierung, der bis heute anhält.

Verschärft werden diese Probleme durch komplizierte Eigentümerstrukturen die wiederum mit den Sonderabschreibungen für die neuen Bundesländer zusammenhängen. Von diesen Steuerabschreibungsmöglichkeiten konnten weder die oft einkommensschwachen Bürger der ostdeutschen Städte noch die kommunalen Wohnungsgesellschaften oder Genossenschaften profitieren. Folgerichtig wurden zahlreiche Altbauten in ostdeutschen Städten von einkommensstarken Bürgern aus den alten Bundesländern erworben, die allerdings keinerlei Bezug zu ihrem Altbau und der Stadt hatten, sondern nur an der Erzielung von Steuerspareffekten interessiert waren. Diese Eigentümer brachten ihren Altbauten und ihrem Erhalt oft ein großes Desinteresse entgegen.

Noch schwieriger wurden die Eigentümerstrukturen durch das Prinzip "Rückgabe vor Entschädigung", das im Einigungsvertrag von 1990 festgeschrieben worden war. Diese Rückgabepraxis führte zu kaum durchschaubaren Eigentumsverhältnissen. Viele Gebäude in ostdeutschen Altstädten gerieten auf diese Weise in die Hände von Eigentümergemeinschaften, deren Mitglieder zum Teil im Ausland lebten und die zu einer gemeinsamen Willensbildung unfähig waren.

All diese Probleme hatten schließlich zur Folge, dass viele Privateigentümer ihre Altbauten dem Verfall überließen. Auch Versuche von Stadtverwaltungen oder Sanierungsträgern, Privateigentümer zur Sanierung ihrer Gebäude zu motivieren, nutzen oft nichts. Häufig reagierten die Hauseigentümer auf derartige Kontaktversuche überhaupt nicht. Andere Hauseigentümer erklärten ihre Häuser für herrenlos und verweigerten fortan jegliche Verantwortung für ihre Gebäude. Einige Besitzer schließlich versuchten, auch noch aus dem Verfall ein Geschäft zu machen. Vor allem Eigentümer von städtebaulich wichtigen, stadtbildprägenden Gebäuden ließen ihre Häuser gezielt verfallen und boten gleichzeitig der Stadt ihre Häuser zu überhöhten Preisen an.

Die derzeitigen Rahmenbedingungen eröffnen den Städten nur beschränkte Möglichkeiten, gegen den Verfall von privaten Gebäuden vorzugehen. Zwar enthält das Sanierungsrecht auch Enteignungsmöglichkeiten. Doch diese sind mit Entschädigungszahlungen verbunden, die für viele finanzschwache Städte nicht finanzierbar sind. Auch das Denkmalrecht eröffnet den Städten die Möglichkeit, private Baudenkmäler im Rahmen von Ersatzvornahmen zu sichern oder selbst zu sanieren. Doch auch diese Maßnahmen sind für viele Städte nicht finanzierbar.

Die Folge dieser Missstände ist der Verfall wertvoller Bausubstanz. Oft nimmt der Verfall dermaßen dramatische Züge an, dass Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit entstehen. Dann ist die Stadt, die ja für die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verantwortlich ist, zum Abriss des verfallenen Gebäudes gezwungen.

3.1.2. Verkauf von Altbauten an Selbstnutzer

Eine Maßnahme, mit der mehrere Städte auf diesen Verfall reagieren, ist der Verkauf von leer stehenden Altbauten an Selbstnutzer. Die Städte erhoffen sich von derartigen Verkäufen eine Sanierung der Altbauten durch die Selbstnutzer. Zu diesem Zweck erwarben einige Städte leer stehende Häuser von Privateigentümern. Anschließend wurden die Häuser sanierungswilligen Bauherren zum Kauf angeboten. Andere Städte beschränkten sich lediglich auf eine Vermittlerfunktion und waren daher nur bemüht, Verkäufe von verfallenen Altbauten an sanierungswillige Bauherren zu vermitteln. Flankiert wurden diese Bemühungen in der Regel durch Beratungen und die Gewährung günstiger Fördermittel.

Dennoch zeitigten diese Bemühungen bisher nur sehr bescheidene Erfolge. Für diese Negativbilanz gibt es vor allem drei Gründe. Der erste Grund ist das nach wie vor ungünstige Verhältnis zwischen Sanierungsaufwand und Nutzen. Der zweite Grund ist die anhaltende Wirtschaftsschwäche und Abwanderung aus vielen ostdeutschen Städten, die zu einem Mangel an finanzkräftigen Bauherren führen. Der dritte Grund schließlich ist der Wegfall der Eigenheimzulage ab 2006, der zu deutlich schlechteren Finanzierungsmöglichkeiten geführt hat. All diese Gründe haben zur Folge, dass viele Altbauten trotz aller Bemühungen keine finanzkräftigen Bauherren finden.

3.1.3. Sanierungen durch kommunale und gemeinnützige Wohnungsunternehmen

Eine weitere Maßnahme, mit der Städte die Altstadtsanierung zu fördern versuchen, ist die Sanierung von Altbauten durch kommunale Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften, also durch gemeinnützige Wohnungsunternehmen. Die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen unterscheiden sich in zwei Punkten gravierend von den Privateigentümern. Einerseits sind diese Wohnungsunternehmen nicht in erster Linie an hohen Gewinnen, sondern vor allem an der Stärkung der Stadt interessiert und treffen daher Investitionsentscheidungen, um marode, aber städtebaulich wichtige Altbauten zu sanieren. Andererseits besitzen fast alle dieser Wohnungsunternehmen umfangreiche Bestände in den DDR-Siedlungen, die oft erhebliche Gewinne abwerfen. Dank dieser Gewinne sind gemeinnützige Wohnungsunternehmen oft in der Lage, die wirtschaftliche Sanierung und Instandhaltung von Altbauten zu bezuschussen, also eine Quersubventionierung durchzuführen.

Aus diesen Gründen haben sich die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen in vielen Altstadtkernen zu den wichtigsten Stadtsanierern entwickelt. Viele dieser Unternehmen haben auch stark verfallene Gebäude aufwendig saniert und auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zur Revitalisierung der Altstädte geleistet.

Dennoch gibt es auch Hindernisse, die ein noch weitergehendes Engagement gemeinnütziger Wohnungsunternehmen verhindern. Vor allem drei Gründe stehen einer weitergehenden Altstadtsanierung im Wege. Ein Grund ist die anhaltende Wirtschaftsschwäche und der ungebremste Rückgang der Bevölkerungszahl in vielen ostdeutschen Städten. Sie sorgen dafür, dass oft selbst aufwendig sanierte Altbauwohnungen leer stehen. Der zweite Grund ist die kontraproduktive Förderpolitik der Bundesregierung. Besonders attraktive Fördermöglichkeiten, wie Sanierungsabschreibungen und Denkmalabschreibungen, können derzeit nur von Privateigentümern, nicht aber von gemeinnützigen Wohnungsunternehmen genutzt werden. Die Sanierungstätigkeit dieser Wohnungsunternehmen wird durch diese Regelung beschränkt. Der dritte Grund schließlich ist der Stadtumbau Ost. In einigen Städten erfolgte im Rahmen des Stadtumbau Ost ein übermäßiger Abriss von DDR-Wohngebäuden. Häufig wurden sogar gut belegte und damit Gewinn bringende Wohnblöcke abgerissen. Durch diese Abrisse verringern sich die Überschüsse aus den DDR-Siedlungen, die für die Altbausanierung oft unverzichtbar sind. Aufgrund dieser drei Probleme sind gemeinnützige Wohnungsunternehmen oft nur begrenzt in der Lage, in die Altbausanierung zu investieren. Häufig müssen sogar wichtige Sanierungsprojekte aufgrund finanzieller Zwänge aufgegeben werden. Folgerichtig bleibt der Sanierungsstand in vielen Altstadtkernen trotz der Sanierungen gemeinnütziger Wohnungsunternehmen unbefriedigend.

3.1.4. Neubau von Wohnhäusern durch gemeinnützige Wohnungsunternehmen

Eine weitere Maßnahme, mit der sich die Städte um eine Revitalisierung ihrer Altstädte bemühen, ist der Neubau von Wohnhäusern durch gemeinnützige Wohnungsunternehmen. Das Ziel dieser Neubauten ist es, auch in Altstadtbereichen marktfähige Wohnungen mit Balkonen, funktionalen Grundrissen, guten Energiebilanzen und Pkw-Stellplätzen zu schaffen. Zudem bieten Neubauten oft die einzige Chance, auch in Altstadtkernen preiswerte Sozialwohnungen zu schaffen.

Bei der konkreten Realisierung der Neubauten wurden unterschiedliche Varianten verwirklicht. In einigen Fällen wurden Neubauten auf Brachflächen errichtet. In anderen Fällen allerdings wurden die Neubauten aber auch als Ersatzneubauten für abgerissene Altbauten realisiert. Für diese Neubauten wurden zuvor häufig selbst denkmalgeschützte Altbauten abgerissen.

Insgesamt müssen die Neubauten in den Altstädten ambivalent bewertet werden. Einerseits bieten sie oft attraktive und marktfähige Wohnungen, die von den Bürgern häufig gut nachgefragt werden. Andererseits ordnen sich viele dieser Neubauten schlecht in den historischen Kontext ein. Und zudem sind sie, wenn sie anstelle von Altbauten errichtet werden, auch mit einem Verlust an wertvoller Bausubstanz verbunden. Der historischen Qualität der Stadt fügen derartige Neubauten oft Schaden zu.

3.1.5. Neubau von Einfamilienhäusern

Eine weitere Maßnahme, mit der die Stärkung der Altstädte versucht wird, ist der Neubau von Einfamilienhäusern durch private Bauherren. Viele Städte versuchen, den Einfamilienhausbau durch private Bauherren in den Altstädten zu fördern. Mehrere Bundesländer (Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern) haben sogar Initiativen gestartet, um derartige Projekte zusätzlich zu fördern. Mehrere Städte haben innerstädtische Eigenheimbaugebiete ausgewiesen und innerstädtische Grundstücke zu günstigen Preisen zum Kauf angeboten. Einige Städte haben Altstadtgrundstücke sogar fast kostenlos angeboten.

In einigen Städten wurden auch tatsächlich Einfamilienhäuser in Altstadtkernen errichtet. Insgesamt aber sind die Erfolge dieser Eigenheiminitiativen eher bescheiden. Vor allem in den letzten Jahren ist es immer schwieriger geworden, Eigenheimbauherren für Altstadtgrundstücke zu finden. Erstens ist der Bedarf nach Einfamilienhäusern nach dem Eigenheimboom der 1990er Jahre mittlerweile weitgehend gesättigt. Zweitens führen die anhaltende Wirtschaftsschwäche und die niedrigen Einkommen in vielen ostdeutschen Städten zu einer geringen Nachfrage nach Eigenheimen. Drittens sorgte die Abschaffung der Eigenheimzulage ab 2006 zu einem weiteren Rückgang der Eigenheimbautätigkeit. Aufgrund dieser Hemmnisse liegen derzeit zahlreiche Eigenheimprojekte in ostdeutschen Altstädten auf Eis.

Zudem ist der Eigenheimbau in vielen Altstädten noch mit einem weiteren Problem verbunden. Denn in vielen Städten mussten für größere, vorteilhaft geschnittene Eigenheimbauflächen denkmalgeschützte Altbauten abgerissen werden. Die neuen Reihenhäuser, wenn sie denn entstehen, ordnen sich häufig schlecht in das historische Stadtbild ein. Die Folge ist ein Verlust an Stadtqualität.

3.1.6. Neubau von Seniorenwohnanlagen

Eine weitere bauliche Maßnahme ist schließlich der Neubau von Seniorenwohnanlagen. Da die demografische Entwicklung in vielen ostdeutschen Städten zu einem wachsenden Anteil älterer Bürger führt, wächst auch die Nachfrage nach altengerechten Wohnformen. Viele Städte versuchen, diese Neubauten in den Altstädten anzusiedeln. Tatsächlich sind in den letzten Jahren in vielen Altstädten Seniorenwohnanlagen oder Altenpflegeheime errichtet worden. Allerdings sind auch diese Neubauten oft mit negativen Auswirkungen auf das Stadtbild verbunden. Oft müssen für die Neubauten wertvolle Altbauten abgerissen werden, und häufig zeichnen sich die neuen Seniorenwohnanlagen durch eine unsensible Architektur und eine schlechte Einbindung in den historischen Stadtraum aus.

3.2. Veränderungen der Stadtstruktur

3.2.1. Schaffung von Parkplätzen

Der zweite Maßnahmekomplex, der in vielen Altstädten realisiert wurde, betrifft die Stadtstruktur. Viele Städte nehmen Veränderungen an der Stadtstruktur vor, um Defizite der Altstädte, wie Verkehrslärm, Grünflächenmangel oder Parkplatzmangel zu beheben.

Eine wichtige Maßnahme, die in vielen Städten realisiert wurde, ist die Schaffung zusätzlicher Parkflächen. In einigen Städten wurden oberirdische Parkplätze angelegt, andere Städte realisierten Parkhäuser oder Tiefgaragen. Der Platz für die Parkflächen wurde auf unterschiedliche Weise gewonnen. In einigen Fällen wurden Parkplätze oder Parkhäuser auf Brachflächen errichtet. In anderen Fällen allerdings wurden zugunsten von neuen Parkplätzen oder Parkhäusern auch wertvolle Altbauten abgerissen.

Insgesamt ist der Neubau von Parkplätzen und Parkhäusern ambivalent zu bewerten, einerseits tragen sie zur Entschärfung des Stellplatzmangels in den Altstädten bei, andererseits sind sie oft mit dem Verlust historischer Bausubstanz und der Zerstörung historischer Stadträume verbunden.

3.2.2. Bau von Umgehungsstraßen

Eine weitere Maßnahme, die mit Veränderungen der Stadtstruktur verbunden ist, ist der Bau von Umgehungsstraßen. Vor allem in Städten, deren Altstadtkerne von starkem Durchgangsverkehr betroffen waren, wurden Umgehungsstraßen realisiert. Die konkrete Führung der Umgehungsstraßen wurde aber sehr unterschiedlich gestaltet. In einigen Städten wurden diese außerhalb des Altstadtkerns gebaut. In anderen Städten dagegen wurden sie auch durch wertvolle Altstadtbereiche geführt. In einigen Fällen mussten für neue Umgehungsstraßen sogar wertvolle Altbauten abgerissen werden.

Aus diesen Gründen fällt die Bilanz des Neubaus von Umgehungsstraßen wiederum ambivalent aus. Vor allem daher, wenn Umgehungsstraßen außerhalb der Altstadtkerne angelegt wurden, konnte eine deutliche Beruhigung und Aufwertung der Altstädte erreicht werden. Die Führung von Umgehungsstraßen innerhalb der Altstadtbereiche führte dagegen oft zur Zerstörung historischer Gebäude und Stadträume.

3.2.3. Schaffung neuer Grünflächen

Eine weitere Maßnahme zur Veränderung der Stadtstruktur war die Schaffung neuer Grünflächen. In vielen Städten wurden vor allem in Blockinnenbereichen Gebäude abgerissen, anschließend wurden auf den Abrissflächen Grünanlagen angelegt. In vielen Städten waren von den Abrissen lediglich verzichtbare Schuppen, Werkstätten oder Remisen betroffen. In anderen Städten allerdings wurden auch Nebengebäude abgerissen, die von großer Bedeutung für die historische Stadtstruktur waren. Zu diesen zählen etwa Hintergebäude von Kaufmannshöfen.

Auch diese Maßnahmen führten zu ambivalenten Ergebnissen. In vielen Städten konnten attraktive Grünflächen geschaffen werden. In anderen Städten dagegen wurden historische Stadtstrukturen zerstört:

3.2.4. Entschärfung von Nutzungskonflikten

Eine wichtige Maßnahme war die Vermeidung von Nutzungskonflikten durch klare Nutzungszuweisungen. In vielen Städten traten Nutzungskonflikte zwischen Wohnnutzungen einerseits und Gewerbe- oder Gastronomienutzung andererseits auf, die oft mit Lärm durch den Anlieferungsverkehr, Biergärten etc. verbunden waren. Diese Nutzungskonflikte konnten durch Flächennutzungs- und Bebauungspläne entschärft werden, die Wohngebiete, Mischgebiete und Kerngebiete klar voneinander abgrenzten.

3.3. Anwerbung neuer Bewohner

3.3.1. Anwerbung von Zuzüglern von außerhalb der Stadt

Der dritte Maßnahmenkomplex, der in vielen Städten umgesetzt wurde, war die Anwerbung neuer Bewohner. Das Ziel dieser Maßnahme bestand darin, die Nachfrage nach Altstadtwohnungen durch die Gewinnung neuer Altstadtbewohner zu steigern. In der Praxis wurde dieses Ziel durch zwei grundsätzliche Maßnahmen umgesetzt.

Die erste Maßnahme war die Anwerbung von Zuzüglern aus anderen Städten oder Regionen. Eine wichtige Rolle bei der Gewinnung von Zuzüglern spielte die Schaffung von Arbeitsplätzen. Viele Städte kümmerten sich um die Ansiedlung von Unternehmen, mehrere Städte sorgten im Einklang mit der jeweiligen Landesregierung für den Ausbau von Hochschulen, Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Andere Städte bemühten sich auch um die Ansiedlung von Behörden. Die Möglichkeiten, Arbeitsplätze in Behörden zu schaffen, waren allerdings aufgrund des Personalabbaus im öffentlichen Dienst eher begrenzt.

Eine wichtige Rolle spielte in vielen Städten auch die Anwerbung, von Studenten. Teilweise wurde die Anwerbung von Studenten durch die Schaffung von Studentenwohnheimen und Studentenunterkünften im Altstadtkern flankiert.

Viele Städte konnten zudem zahlreiche Bewohner aus den umliegenden ländlichen Regionen gewinnen. Der Hintergrund dieser Wanderung ist die zunehmende Verödung in vielen Dörfern. Viele Dörfer haben in den letzten Jahren wichtige Angebote, wie Läden, Gaststätten, Anschlüsse an den öffentlichen Verkehr, Schulen, Kindergärten, medizinische Angebote verloren. Aus diesem Grund sind etliche Dorfbewohner zunehmend an einem Umzug in die besser ausgestatteten Städte interessiert.

All diese Bemühungen um einen Zuzug von außen waren vielerorts erfolgreich. Oft gelang es, neue Bürger anzulocken, die zu einer Revitalisierung der Altstädte beitragen. Vor allem Universitätsstädten gelang es, einkommensstarke, qualifizierte und kulturell interessierte Bürger anzulocken, die ein besonderes Interesse am Wohnen in der Altstadt aufbringen.

3.3.2. Anwerbung von Bewohnern aus anderen Stadtteilen

Die zweite Maßnahme war der Versuch, Bürger der eigenen Stadt, die nicht in der Altstadt wohnen, in die Altstadt zu locken. Viele Stadtverwaltungen sind bemüht, vor allem die Bewohner von DDR-Siedlungen in die Altstadt zu holen. Zur Umsetzung dieses Zieles wurden die verschiedensten Möglichkeiten ausprobiert. Die Stadt Görlitz verschickte an die Bewohner von DDR-Siedlungen Postkarten, die für das Wohnen in der Innenstadt warben, andere Städte richteten Werbeveranstaltungen für das Wohnen in der Altstadt aus. Einige Städte versuchten, die Wanderung in die Altstadt durch die Verlagerung von Schulen und Kindergärten aus den DDR-Siedlungen in die Altstädte zu befördern. In extremen Fällen wurden sogar großflächige Abrisse von gut belegten DDR-Siedlungen umgesetzt. Selbst Mieter von gut belegten Wohnblöcken erhielten in diesen Fällen Abrisskündigungen. Mit diesen Abrissen war die Hoffnung verbunden, dass die Abrissmieter in die Altstadt umziehen würden.

In der Praxis allerdings erwiesen sich diese Bemühungen als erfolglos oder als kontraproduktiv. Für diese Misserfolge gibt es mehrere Gründe.

Ein Grund hängt mit den Wohnvorstellungen vieler Bewohner von DDR- Siedlungen zusammen. Oft kollidieren die Wohnbedingungen im Altstadtkern mit den Wohnvorstellungen der Bewohner von DDR-Siedlungen. Zentrale Probleme sind schlecht belichtete Wohnungen, fehlende oder zu kleine Balkone, Mangel an Grünflächen, verlärmte Wohnungen und der Mangel an Parkplätzen. Viele Bewohner von DDR-Siedlungen wollen sich diesen Wohnbedingungen nicht aussetzen.

Der zweite Grund betrifft die Wohnkosten. Viele Altbauwohnungen sind für Bewohner von DDR-Siedlungen nicht bezahlbar. Das Hauptproblem sind häufig nicht die Nettokaltmieten, sondern die Heiz- und Betriebskosten. Oft ist es aus denkmalpflegerischen Gründen nicht möglich, Altbauten etwa durch den Anbau einer Wärmedämmfassade effektiv energetisch zu sanieren. Folgerichtig ist der Heizenergieverbrauch in vielen Altbauten höher als in gut gedämmten DDR-Wohnungen. Noch größer wird diese Diskrepanz durch die spezielle Bauart altstädtischer Gründerzeitwohnungen. Viele dieser Wohnungen verfügen nicht nur über enorme Wohnungsgrößen von teilweise über 100 Quadratmetern, sondern auch über große Raumhöhen von bis zu 4,50 Meter. DDR-Wohnungen sind dagegen oft extrem kompakt gestaltet und besitzen Raumhöhen von lediglich 2,80 Meter. All diese Besonderheiten haben zur Folge, dass die Heiz- und Betriebskosten in vielen Altbauwohnungen wesentlich höher als in DDR-Wohnungen sind.

Der dritte Grund für die mangelnde Umzugsbereitschaft von Bewohnern von DDR-Siedlungen hängt mit der mangelhaften Funktionalität der Altbauwohnungen zusammen. Viele Altbauwohnungen bieten verwinkelte Grundrisse mit Erkern und Stuckdecken. Vor allem Gründerzeitwohnungen verfügen über große Wohnungsgrößen von über 100 Quadratmetern. Derartige Wohnungen verursachen oft einen großen Pflegeaufwand, den sich viele Bewohner der sehr funktional gestalteten DDR-Wohnungen nicht aufbürden wollen. Früher hatten die oft wohlhabenden Bewohner dieser Altbauwohnungen Haushaltshilfen, die für die Pflege der großen Wohnungen sorgten. Doch diese sind für die oft einkommensschwachen Bewohner vieler DDR-Siedlungen nicht bezahlbar.

Aber nicht nur der Widerstand von Bewohnern von DDR-Siedlungen gegen den Umzug in die Altstadt trägt zum Scheitern von Umsiedlungsbemühungen bei. Ebenso wichtig sind die negativen wohnungswirtschaftlichen Folgen derartiger Umsiedlungsversuche. Denn die oft Gewinn bringenden DDR-Wohnungen sind für die Wirtschaftlichkeit der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen in der Regel unverzichtbar. Ein überzogener Abriss auch von gut belegten DDR-Wohnungen führt deshalb zu massiven Einnahmeverlusten der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. In einigen Städten führte der überzogene Abriss von DDR-Wohnungen sogar zur Insolvenz von gemeinnützigen Wohnungsunternehmen.

Die Abwerbung von Bewohnern von DDR-Siedlungen ist deshalb kein erfolgversprechendes Rezept für eine Stärkung der Altstädte. Im Gegenteil: Städte, die übermäßig viele DDR-Wohnungen abgerissen haben, haben heute mit einem weiterhin hohen Leerstand im Altstadtbereich, mit krisengeschüttelten Wohnungsunternehmen, die dann auch keine Altbausanierungen mehr durchführen können, und einem Mangel an bezahlbaren Wohnungen zu kämpfen.

4. Handlungserfordernisse

A. Reform der Eigentümerstrukturen

Viele ostdeutsche Altstadtkerne sind durch kontraproduktive Eigentümerstrukturen geprägt. Zahlreiche Gebäude befinden sich im Besitz von auswärtigen Privateigentümern, die oft keinerlei Bezug zu der jeweiligen Stadt haben und ihre Gebäude nur aufgrund vorteilhafter Steuersparmöglichkeiten (Sonderabschreibung bis Ende 1998, Denkmalabschreibung, Sanierungsabschreibung) erworben haben. Diese Privateigentümer kümmern sich oft nur ungenügend um ihre Immobilien. Viele lassen ihre Gebäude einfach verfallen und sind auch durch intensive Bemühungen der betroffenen Stadtverwaltung nicht zur Sicherung und Sanierung ihrer Immobilien zu bewegen. Aufgrund dieser Probleme müssen viele Städte hohe Kosten für die Sicherung privater Gebäude aufwenden. Besonders unverfroren agieren einige Privateigentümer, die Gebäude in stadtbildprägenden Lagen besitzen. Diese bieten ihre verfallenen Gebäude der Stadt zu überzogenen Preisen an. Die Städte stehen dann vor der schwierigen Wahl, ob sie den hohen Kaufpreis zahlen und dann das Gebäude in eigener Regie sanieren sollen, oder ob sie den imageschädigen Verfall des Gebäudes weiter hinnehmen sollen.

Diese Missstände können nur durch gesetzlich fixierte Möglichkeiten für eine Reform der Eigentümerstrukturen überwunden werden. Die Kommunen müssen die Möglichkeit erhalten, sanierungsunwillige Hauseigentümer zu enteignen. Zwar sieht auch das derzeitige Sanierungsrecht Enteignungsmöglichkeiten vor. Doch diese Enteignungen sind mit hohen Entschädigungsansprüchen verbunden, zu deren Finanzierung viele ostdeutsche Kommunen nicht in der Lage sind. Nötig sind deshalb praktikable Enteignungsmöglichkeiten. Nach der Enteignung könnte das Gebäude dann entweder in kommunaler Regie saniert oder an einen vertrauenswürdigen Eigentümer, wie etwa einer lokalen Wohnungsbaugenossenschaft, übereignet und durch diesen saniert werden.

B. Bessere Förderung von kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften

In vielen Altstadtkernen leisten die kommunalen Wohnungsunternehmen und teilweise auch lokale Wohnungsgenossenschaften einen entscheidenen Beitrag zur Altstadtsanierung. Häufig wagen sich diese Unternehmen selbst an die Sanierung extrem unrentabler Baudenkmäler heran, die Privateigentümer niemals sanieren würden. Doch gleichzeitig wird die Sanierungstätigkeit dieser Unternehmen immer wieder durch eine ungünstige Förderpolitik ausgebremst. Denn kommunale Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften können von den besonders attraktiven Förderangeboten, den Steuerabschreibungen, keinen Gebrauch machen. Zwar können diese Unternehmen Fördermittel aus den Programmen "Städtebaulicher Denkmalschutz" und "Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen" erhalten. Doch diese Fördermittel müssen, im Gegensatz zu den Steuervergünstigungen, durch die jeweiligen Kommunen kofinanziert werden. Folgerichtig sind die Fördermittel, die den kommunalen Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften zur Verfügung stehen, stark begrenzt. Aufgrund dieser ungünstigen Fördermittelvergabe können diese Wohnungsunternehmen wichtige Sanierungsmaßnahmen nicht finanzieren.

Nötig ist deshalb eine Reform der Förderpolitik. Denkbar wäre der Ersatz der Denkmal- und Sanierungsabschreibung durch eine Denkmalzulage, von der auch die kommunalen Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften Gebrauch machen können.

C. Kampf gegen die Schrumpfung

Die ostdeutschen Städte, und damit auch die Altstadtkerne, werden nur dann überleben können, wenn eine Überwindung der derzeitigen Schrumpfungsprozesse gelingt. Aktuell erleben mehrere ostdeutsche Städte einen Teufelskreis. Wo die Bevölkerung schrumpft, da verringert sich auch die Auslastung von öffentlichen und kommerziellen Angeboten. Folgerichtig werden Läden, Warenhäuser, Theater, Kinos und Restaurant geschlossen, Kultur- und Freizeitangebote werden ebenso abgebaut wie Schulen, Kindergärten oder Straßenbahnlinien. Die Folge ist ein Rückgang der Attraktivität der Stadt, der den Bevölkerungsrückgang nochmals beschleunigt.

Diese Abwärtsspirale muss überwunden werden. Nötig ist die Stärkung der Wirtschaft, der Ausbau von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, aber auch die gezielte Anwerbung von Zuwanderern. Nur wenn es gelingt, neue Unternehmen und Bürger anzulocken, wird die Aufwertung der ostdeutschen Städte und damit auch der Altstädte gelingen. Eine Fortdauer der vielerorts vorhandenen Schrumpfungstendenzen wird dagegen zum Scheitern der Altstadtaufwertung und zur Auflösung wertvoller Altstadtstrukturen führen.